6. Juli 2012

Wochenendfreizeit mit Haftentlassenen

Der erste Eindruck, als ich am Bodensee ankomme: Hitze! Und dazu über vierzig mir unbekannte lachende Gesichter.  Eine Wochenendfreizeit mit Haftentlassenen, Inhaftierten, deren Angehörigen und Mitgliedern des Arbeitskreises  mitsamt einigen Kindern  – ein solches Unternehmen stellt der Arbeitskreis Freiburg schon seit langem jedes Jahr auf die Beine. Diesmal war fürs erste Juliwochenende ein Freizeitheim in Überlingen reserviert.

Die Gesichter werden von Stunde zu Stunde vertrauter, doch die Freude bleibt der prägende Eindruck. Die Gruppe ist spürbar vertraut miteinander, „aber sonst sehen wir uns ja auch nur im Gefängnis oder eben einmal im Jahr hier“, erklärt mir jemand.

„Das ist schon etwas Besonderes.“ Nur ein Inhaftierter kann dabei sein, ein Freigänger, aber dafür hat er gleich seinen erwachsenen Sohn mitgebracht.

 

Eheleute gemeinsam für Straffällige

Im Freiburger Arbeitskreis ist es eher Regel als Ausnahme, dass beide Ehepartner gleichermaßen aktiv sind und zusammen ins Gefängnis gehen. „Und die Inhaftierten beobachten genau, wie wir miteinander umgehen!“ erzählt mir Michaela Leng.

Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass sich in so einer wirklich „familiären“ Atmosphäre die Inhaftierten so wohl fühlen, dass sehr viele von ihnen auch nach der Entlassung weiter den Kontakt zu den Ehrenamtlichen suchen. In der Regel schließen sie sich einer der Kirchengemeinden an, in die die Familien gehen. „Zum Glück haben wir hier mehrere Kirchengemeinden, in denen Entlassene wirklich willkommen sind“, sagt Arbeitskreisleiter Martin Oettinger.

 

Haftentlassene strahlen Freude aus

Einige der ehemaligen Inhaftierten  fallen selbst in diesem Kreis durch ihre Fröhlichkeit auf. Das gemeinsame Gotteslob im Singen, der Gottesdienst, die Gebete und Gespräche, all das ist für sie wie eine geistliche Heimat. Sie gibt Kraft und Standfestigkeit, hilft, straffrei zu bleiben.

Dem einen oder anderen sieht man an, dass er kein leichtes Leben hinter sich hat. Trotzdem strahlt er, erzählt, macht Witze, bewegt sich frei und gelöst. Mich erinnern diese Männer an bunte Glasscherben, durch die Gottes Licht hindurchstrahlt und die jede auf ihre Art zu funkeln und zu leuchten beginnen.

Die Mitglieder des Arbeitskreises kommen aus verschiedenen Gemeinden. Für alle gehören Gebet und Segen  füreinander und das Vertrauen auf Gott ganz selbstverständlich dazu.

So erwischt uns eine Unwetterfront mit voller Wucht. Wir stehen in kleinen Gruppen hinter den Balkonfenstern und spähen halb fasziniert, halb ängstlich auf die sich biegenden Bäume. Einige beginnen um Bewahrung zu beten. Und – Zufall? Erhörung? – wenige Momente später krachen drei dicke Bäume direkt vor uns zu Boden. Stehen bleibt nur der vierte Baum – er wäre direkt auf das Haus gefallen.

U. Passarge

 

PS: In der Fernsehsendung des erf “Hof mit Himmel” vom 09. November wurde einer der ehemaligen Inhaftierten interviewt. Hier erzählt er, wie sich sein Leben verändert hat.

 

 

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